Die Zauberlaterne -Auszug-
„Langsam entschlief das Licht, und der Saal, in dem der Ritter und seine Gäste saßen, war erfüllt von bunter, purpurner Finsternis. Die farbigen Gläser der Zauberlaterne standen still. Man verharrte in Schweigen. Beppo erhob sich, entzündete die Kienfackeln und steckte sie in die Ringe. Er barg die Laterne unter seinem Mantel und wollte gehen. Der goldene Ritter hielt ihn zurück, …
Kunibert ging wie im Traum. So bot er seinen Gastgebern gute Nacht, so ging er in seine Kammer, warf seine Kleider ab und legte sich nieder. Die Bilder der Laterne verließen ihn nicht; er fiel in Schlaf, und sie füllten seine Träume.
Mitten in der Nacht fuhr er auf. Schorse stand im Dunkel an seinem Lager, rüttelte ihn derb an der Schulter und schrie: ‚Aufstehen! Feuer! Feuer! Die Burg brennt!‘
Kunibert sprang auf die Füße. Die Luft war voll Rauch, durchs Fenster drang rötlicher flackernder Schein. Er tastete nach seinen Sachen und fuhr in die Kleider. Es ging nicht so schnell wie sonst. Manches kam ihm ungewohnt vor. Doch er hatte keine Zeit, darüber nachzudenken.
Er waffnete sich und rannte mit Schorse auf den Gang. Dichter Qualm schlug ihnen entgegen, Flammen zuckten auf, glühende Balken stürzten nieder. Sie fanden zur steinernen Wendeltreppe und sprangen hinunter.
Ein Diener kam ihnen entgegen. ‚Schnell Herr, schnell. Rettet Euch, man trachtet nach Eurem Leben. Am Burgtor stehen Pferde. Flieht!‘
Kunibert packte den Knecht am Kragen. Schuft rief er. ‚Wo ist dein Herr und seine Schwester? Sind sie in Sicherheit?‘
Der Mann entwand sich seiner Faust und floh. Die beiden stürmten die Stufen hinab. Unten trafen sie einen anderen Diener. ‚Herr‘ keuchte er ‚das Fräulein erwartet Euch mit Pferden an der Zugbrücke. Sie lässt euch entbieten und um Eure Dienste bitten. Führt sie davon und rettet sie!‘ Damit verschwand er.
‚Pack!‘ schrie Kunibert. Aber der Botschaft musste er gehorchen, und beide liefen zum Tor. Rings um den Hof brannte die Burg. In dem roten Licht sahen sie Agnete auf dem Schimmel; zwei andere Pferde waren angebunden und bäumten sich erschrocken und ungeduldig auf. Sie winkte.
‚Schnell‘, rief sie, ‚schnell! folgt mir ich berichte euch alles.‘
Kunibert stand vor ihr. ‚Wo ist euer Bruder?‘
Seltsam, Agnete lächelte. Sie reichte ihm die Hand. ‚Kommt nur. Ihr dürft und müßt. Beeilt euch.‘
Schorse hatte die Pferde losgemacht und führte sie vor. Beide sprangen in den Sattel und folgten Agnete, die den Burgweg hinabsprengte. Es war ein verwegenes Reiten im Dunkeln den steilen Weg hinunter.
Kunibert merkte, daß Agnete nicht mehr neben ihm ritt. War sie gestürzt? Er hielt, Schorse galoppierte weiter. Der Ritter sah sich um, er konnte die Verlorene nicht entdecken. Über ihm lag die lodernde Burg; krachend stürzte ein Turm zusammen. Rauch, Funken und Flammen stoben in die Nacht. Wer stand dort oben über dem Tor? Das konnte nur der goldene Ritter sein; im Schein des Feuers blitzte sein Gewaffen. Neben ihm lehnte eine helle Gestalt. Winkte sie nicht mit einem weißen Schleier? Agnete! Dachte Kunibert. Da hörte er Schorse: ‚Herr, wo blibt ihr? Das Fräulein ist weit voraus. Dort unten sehe ich sie auf dem Schimmel!‘ Er gab seinem Roß die Sporen und folgte dem Ruf.
Wie weit war es bis zum Wald, erreichte man ihn nie? Endlich fand Kunibert den Knappen.
‚Wo ist sie?‘
‚Weiß nicht, Herr. Ich konnte sie nicht einholen. Der Schimmel läuft ja wie besessen querfeldein. Ich verlor ihn aus dem Gesicht, gerade als ich euch rief.‘
Sie wandten sich um, sahen zurück und rissen die Augen auf: dort oben lag deutlich in der klaren, sternhellen Nacht die graue Burg, dunkel und still. Unversehrt lag sie da, kein Stein war gefallen. Sie blickten sich an. Eine andere Burg? Nein, es war unweigerlich dieselbe.
Kunibert trieb sein Pferd an. ‚Hinauf! Das geht nicht mit rechten Dingen zu.‘
‚So eine Gemeinheit‘ schimpfte Schorse, ‚einen um nichts und wieder nichts aus dem Bett zu hetzen. Gerade, als ob man jede Nacht eins hätte.‘
Sie verfehlten den Weg und gerieten in den Wald. Sie suchten und suchten und fanden nicht hinaus. Der Morgen brach an, und beide sahen sich zu ihrem Erstaunen in neuen, reichen Gewändern und stark gewappnet. Nur der Ritter hatte Schild und Schwert behalten. Dazu saßen sie auf trefflichen Pferden.
‚Das lasse ich mir schon gefallen‘, meinte der Knappe, und sein Eifer, die Burg wiederzufinden, war wie weggeblasen. Doch sein Herr schleifte ihn den ganzen Tag über Berg und Tal. Endlich fanden sie zur Höhe hinauf, wo sie die Burg vermuteten, aber der Gipfel war kahl und leer. Drei Tage irrten sie umher, ehe sie wieder auf Landstraßen kamen.
Kunibert fragte überall, wo er Menschen begegnete, nach der Burg und dem Ritter. Alle schüttelten den Kopf. Es gebe in der ganzen Gegend nichts, worauf die Beschreibung passe. Schließlich traf unser Ritter einen alten Hirten. Den fragte er auch.
Der Greis sah ihn erstaunt an und nahm umständlich seinen Hut ab. ‚Glück auf, Herr, Ihr seid ein Sonntagskind! Seit hundert Jahren hat sicherlich niemand den goldenen Ritter gesehen. Als Kind hörte ich von ihm, doch hielt ich es für ein Märchen.‘
Kunibert beschenkte den Alten, denn er hatte in seinem Mantelsack einen Beutel voll roter Dukaten gefunden, und frohgemut ritt er mit seinem Knappen Schorse weiter auf dem Weg nach Marsilia.“
Die zweite Aufgabe -Auszug-
„Die zweite Probe, die ich dir auferlegen muß, ist etwas schwerer als die Erste. Laß mich ein wenig ausholen, damit du verstehst, worauf es ankommt. Zunächst muß ich dir erzählen, daß leider, vor einigen Wochen mein Hofbarbier gestorben ist, der noch meinen seeligen Vater rasiert hatte. Der Mann war ein Künstler in seinem Fach; er hatte einer wunderbar leichte Hand, und man spürte sein Messer kaum wie einen sanften Hauch. Ich kann auf keine Weise Ersatz für ihn finden. Alle seine Nachfolger, und sie haben sich weiß Gott Mühe gegeben, haben mich jämmerlich zerkratzt und zerschunden. Mag ja sein, daß ich besonders empfindlich bin. Ich habe Preisausschreiben und Anrufe durch mein ganzes Königreich erlassen. Zu Hunderten kamen sie, und alle meine Kammerherren haben sich zur Probe rasieren und schaben lassen müssen, bis sie aussahen wie geplatzte Pellkartoffeln. Da habe ich es aufgegeben und lasse mir seitdem den Bart stehen, was ich sehr häßlich finde und mir außerdem unbequem ist, weil ich nicht daran gewöhnt bin. Eines Abends hat mir mein Leibastrolog aus den Sternen folgende Geschichte vorgelesen, die einen Schimmer von Trost in sich birgt.“
„Kasimir nahm einen Schluck Kaffee und fuhr fort: ‚In grauer Vorzeit liebte die Fee Süffisande einen jungen König, der einen so starken Bartwuchs hatte, daß er die zarten Wangen der Fee arg zerkratzte. Da ließ Süffisande, des ewigen Coldereams müde, von flinken Zwergen ein kunstvolles Rasierzeug anfertigen. In einem mit weichem Saffian bezogenen Silberkasten lagen auf purpurrotem Samt Spiegel, Messer, Pinsel, Becken und Seife. Ein Streichriemen war nicht nötig, denn das Messer kann so wenig stumpf werden, wie die Seife sich abnützt. Über das Ganze sprach die Fee einen mächtigen Bann. Wenn man das Zauberwort sagt, das sie ihrem Geliebten verriet, kommt der Spiegel aus dem Kasten und stellt sich auf, der Pinsel schlägt mit der Seife im Becken Schaum, fährt schnell im Gesicht umher und seift alles ein, das Messer springt heraus und rasiert einen im Fluge und, ohne daß man das geringste spürte, so weich und glatt, als habe man nie an einen Bart auch nur gedacht. Nach getaner Arbeit ist alles wieder sauber, kehrt an seine Stelle im Kasten zurück, und der Deckel schließt sich. Das Wunderwerk ist noch auf der Welt; leider konnte mein Astrolog nicht feststellen wo, noch über welches Land der König herrschte oder wie er hieß. Auch der Aufenthalt der Fee Süffisande ist unbekannt. Dieses köstliche Rasierzeug, lieber Kunibert, bitte ich dich, mir zu verschaffen. Das ist die zweite Bedingung. Mögest du deine Aufgabe rasch und glücklich lösen!“
Zur Bedeutung
Quelle: Roman: „Die Zauberlaterne“ Auszug, Wolfheinrich von der Mülbe, Verlag der Nationen GmbH, Berlin, Erstveröffentlichung im Jahr 1937, Seiten 26-29 / S. 42-44
Der Ritter Kunibert zieht mit seinem Knappen Schorse von der Burg Scharfenstein in die Welt hinaus.
Ein Märchen für Erwachsene! Habe ich in meiner Jugendzeit bereits gelesen, also vor ca. 50 Jahren.
Schön! Ein Buch, gut zu lesen! Alles o.k. So dachte ich viele Jahre, bis ich den Einband zum Buch in einem anderen Buchexemplar lesen konnte. Hier offenbarte sich ein Vermächtnis:
Der Autor, Wolf Heinrich von der Mülbe, war Professor für Philosophie in Deutschland und hat dieses Buch während der Nazizeit geschrieben. Das lässt ein Märchenbuch zu einem versteckten politischen Buch werden, in dem Mülbe ein Vermächtnis niedergeschrieben hat.
Im Buch wird das Rasierzeug der kunstreichen Zwerge gesucht. Und deren Teile sind über die ganze Welt verteilt. Und Kunibert bekommt die Aufgabe, dieses Rasierzeug für König Kasimier zu beschaffen, um, wie im Märchen üblich, die Prinzessin Sonja und das Königreich zu gewinnen.
Findet sich jemand, der über viele Jahre hinweg, die ganze Welt absuchen möchte, um ein Wunderwerkzeug zu finden, welches die Borniertheit der Menschen beenden möchte und für das Glück der Menschengemeinschaft sorgt?
Kontakt: uwe.friebel@quantenuniversum.com
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